Monday, April 23, 2018

Unerwartetes Interesse an Hofnamen - die Geschichte eines Plagiats

Ich habe entdeckt, dass ein Text auf einer (professionell geführten) Website zu 95% von einem meiner Texte abgeschrieben ist, nämlich von meiner Seminararbeit über Hofnamen in der Buckligen Welt. Es wurden nur wenige verbindende Worte geändert und sogar Fehler eingebaut - "von altersher" wurde zu "von älteren Menschen". Auch bei mir korrekt angeführte Zitate wurden ungekennzeichnet übernommen. Bei einem Satz fehlen sogar mittendrin Wörter, die wohl beim Kopieren nicht mitkopiert wurden. Ich habe am 17. Jänner 2018 an die dahinterstehenden Organisationen genaue Belege geschickt und angefügt, dass ich das interessante Projekt gerne unterstützen möchte, sie den Text daher so stehen lassen können, aber eine Quellenangabe einfügen sollen und die Fehler korrigieren. Eine Antwort mit der Zusicherung, die Quelle richtig zu benennen, kam allerdings erst nach meiner Nachfrage am 30. Jänner. Nach drei Monaten ist der Text immer noch online ohne Hinweis auf meine Autorinnenschaft. Daher mache ich das jetzt hier öffentlich, was ich aufgrund meiner grundsätzlichen Sympathie zum Projekt "Kulturgut Vierkanter" eigentlich nicht geplant hatte. Der Link zum Plagiat: http://www.vierkanthof.info/content/de/kulturgut_vierkanter-hofnamen/.

Gegenüberstellung

Mein eigener Text inkl. gekennzeichneter ZitateDer fremde Text
Die Bildung der Hofnamen geschieht auf vielfältige Weise. Die Bildung der Hofnamen geschah früher auf vielfältige Weise.
In der Buckligen Welt treten häufig Hofnamen auf, die mit Bäumen oder Sträuchern zu tun haben: Aichhof, Aichleitner, Eichbauer (Eiche), Birbaumhof (Birnbaum), Biribauer (Birke), Felberbauer (Bachweide), Haslbauer (Haselstrauch), Hollerbauer (Holunder), Lindenbauer (Linde), Tann(hof)bauer (Tanne), Tribamer bzw. Tripamer (bei den drei Bäumen), Weidenhof (Weide), Bramberhof (Brombeere), Gstaudenbauer (Gesträuch), Hündl- bzw. Hindlhof (Hindlbia = Himbeere), Nußbaumer (Nussbaum). Meistens standen spezielle Fähigkeiten des Betriebes, Landschaftsformen, o.ä. in Verbindung mit dem Hofnamen. So entstanden Hofnamen in Verbindung mit Bäumen oder Sträuchern: z.B. Aichhof, Aichleitner, Eichbauer (Eiche), Felberbauer (Bachweide), Haslbauer (Haselstrauch), Tribamer bzw. Tripamer (beiden drei Bäumen), Gstaudenbauer (Gesträuch), Hündl- bzw. Hindlhof (Hindlbia = Himbeere), Nußbaumer (Nussbaum).
Hofnamen beziehen sich auch häufig auf die Lage eines Gebäudes – auf dem Berg, im Tal, an einem Gewässer, nahe einem Wald

Naturnamen, die die "Lage, Beschaffenheit und besonderen physischen Eigenschaften des Gehöftes" beschreiben [Zitat aus: Knapp, Saelde: Hofnamen des Kärntner Zollfeldes, S. 34!]

Hofnamen beziehen sich auch häufig auf die Lage eines Gebäudes. Naturnamen, die die Lage, Beschaffenheit und besonderen physischen Eigenschaften des Gehöftes beschreiben (auf dem Berg, im Tal, an einem Gewässer, nahe einem Wald).
"Geographische Gegebenheiten spielen bei der Orientierung in einer Umwelt notwendigerweise eine außerordentlich große Rolle. Dementsprechend werden sie auch von altersher gern zur raschen und sicheren Verständigung über die in der Umgebung lebenden Mitbewohner benutzt". [Zitat aus: Seibicke, Wilfried: Die Personennamen im Deutschen!] Geographische Gegebenheiten spielten früher bei der Orientierung in der Umwelt eine wesentliche Rolle. Dementsprechend werden sie auch von älteren Menschen [von altersher /= von älteren Menschen, Anm.] gern zur raschen und sicheren Ver[ständigung über die in der Umgebung lebenden M, Anm.]itbewohner benutzt
Hoflage (Bergbauer, Wastl auf der Höh), Höhen- und Neigungsverhältnisse (Leitenbauer), Reitbauer bzw. Reithofer (Hof an einem "Reut", an einer Kleinrodung), Winterleitner (auf der Schattenseite); Sonnleitner (an einer sonnigen Leite = abschüssigen Wiese) z.B. Wastl auf der Höh (Bergbauer), Leitenbauer (Höhen und Neigungsverhältnisse), Reitbauer bzw. Reithofer (Hof an einem "Reut", an einer Kleinrodung), Winterleitner (auf der Schattenseite), Sonnleitner (an einer sonnigen Leite = abschüssigen Wiese).
Krässinghof (Name Krähschink – Schenkel wie eine Krähe = x-beinig); Wachabauer (zu Wächer = jemand, der viel auf schöne Kleidung hält)

Feld-Lipp bzw. Bach-Lipp (Vorname Philipp); Geberthof (Vorname Gebhard); Kruntnalipü (Familienname Grundner und Vorname Philipp), Hansmichl, Hanipoldl (Vornamen Johann und Leopold); Hieselbauer (Vorname Matthias); Riegelgreier (Vorname Gregor); Jockl am Eck (Vorname Jakob); Glöckl auf der Haid (Vorname Georg)

Des weiteren entstanden Hofnamen aus den Familiennamen des Besitzers oder den Übernamen des Besitzes, z.B. Krähschink-Schenkel wie eine Krähe, x-beinig, Wachabauer - zu Wächer, jemand, der viel auf schöne Kleidung hält, oder den Vornamen des Besitzers, z.B.: Feld-Lipp bzw. Bach-Lipp (Vorname Philipp), Geberthof (Vorname Gebhard), Hieselbauer (Vorname Matthias), Riegelgreier (Vorname Gregor), Glöckl auf der Haid (Vorname Georg).
Schafferbauer (zu schaffaere = Aufseher, Verwalter); Schuster; Hannisl-Zimmermann; Kramer (Kaufhaus seit 1850); Krechzenbauer (Krechzen = geflochtener Korb > Korbflechter?) Auch der Beruf des Besitzes spielte bei der Findung des Hofnamens eine Rolle, z.B. Schafferbauer (zu schaffaere = Aufseher, Verwalter), Schuster, Kramer, Krechzenbauer (Krechzen = geflochtenerKorb > Korbflechter).
Schmalzpatriz (Schmalz = ergiebig, wohlhabend); Schöngrundner (schöner = fruchtbarer Grund); Elmbauer (von Ellend = unfruchtbare Felder); Stadelbauer (Hof mit besonders großem Stadel); Thurmhof "Hof mit oder bei einem alten Wehrturm"; Steinkellerhof (Haus mit gemauertem Keller) Neben den Eigenschaften des Hofes spielten manches Mal auch bauliche Besonderheiten mit, z.B. Schmalzpatriz (Schmalz = ergiebig, wohlhabend), Schöngrundner (schöner = fruchtbarer Grund), Oedhof oder Elmbauer (von Ellend = unfruchtbare Felder), Stadlbauer (Hof mit besonders großem Stadl), Thurmhof (Hof mit einem alten Wehrturm), Steinkellerhof (Haus mit gemauertem Keller).

Fragen

Auf Facebook habe ich dazu mehrere Nachfragen bekommen, die ich gerne auch hier beantworten will:
  • "erreicht Dein Text überhaupt die Werkhöhe?" Ja.
  • "zufällig wortgleich": Es besteht keine Möglichkeit, dass wir zufällig denselben Text geschrieben haben. Nehmen wir einmal die Beispiele für Hofnamen: die sind alle aus der Buckligen Welt und von mir aufwendig zusammengesucht. Dass ein oberösterreichisches Projekt zufällig dieselben Beispiele in derselben Reihenfolge findet, ist doch sehr unwahrscheinlich.
  • "die haben Dich halt zitiert": Eine 95%ige Übernahme _ohne Quellenangabe_ ist nach keiner Definition, die ich kenne, ein Zitat. Außerdem: Selbst Dinge, die vielleicht urheberrechtlich okay sind, können der wissenschaftlichen Ethik widersprechen.
  • "freie Lizenz": Ich stelle fast alle meine Texte unter eine CC-BY-Lizenz. Das ist bei dieser Seminararbeit allerdings nicht der Fall, wie ich überprüft habe. Und selbst wenn ich das getan hätte, fehlt das "BY".

Resümee

Hätten die gefragt, hätte ich auf alle Fälle der Verwendung zugestimmt (ich freue mich, wenn die Arbeit Verwendung findet) und sogar auf Wunsch gerne einen an Oberösterreich angepassten Text geschrieben. Aber diese Vorgangsweise geht gar nicht. Jedenfalls möchte ich die Seite http://library-mistress.net/hofnamen weiter ausbauen. Ich bekomme immer wieder Anfragen dazu - das ist vielleicht meine am meisten beachtete wissenschaftliche Arbeit (zumindest außerhalb eines Fachpublikums) :-)

Komplettübernahme der Arbeit auf mehreren Websites

Bei der Weitersuche ist mir auch aufgefallen, dass die vollständige Arbeit auf Seiten wie docplayer und doczz hochgeladen wurde. Ich habe das bei docplayer.org gemeldet, und innerhalb von einer dreiviertel Stunde war das Dokument herunten. Auf doczz.net ist das viel schwieriger. Es gibt keinerlei Impressum oder Hinweis, wer die Seite betreibt. Die Seite doczz.net/abuse, wo ich das melden wollte, hat seit Wochen ein time-out. Auf whois.net ist die anonyme Mailadresse 16cc29.Ra2Zk8Nte6Nf@digitalprivacy.co angegeben, die aber nicht funktioniert ("Your message wasn't delivered to 16cc29.Ra2Zk8Nte6Nf@digitalprivacy.co because the address couldn't be found or is unable to receive email"). Ich habe dann an die Abuse-Seite des Domain-Verwalters geschrieben: "The document on [...] is MY paper. I did neither upload it myself nor did I allow anyone to upload this here. I think it's a strange business model to simply harvest various documents without asking the author - and it's strange that there is no contact address, no real information about who runs this website, no terms, and no information about who uploaded my paper". Keine Antwort.

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