Thursday, November 19, 2015

Bibliotheken ohne Bücher, Kolumne 2/2015: Xylotheken

Seit Beginn 2015 habe ich ja eine neue Kolumne in den Büchereiperspektiven, die "Bibliotheken ohne Bücher" heißt. Hier die zweite Ausgabe.

Dass Bibliotheken und Bücher mit Bäumen zu tun haben, ist bekannt – nicht nur wegen des Wortes „Buch(en)stabe“, sondern auch weil Papier ja aus Holzschliff beziehungsweise Zellstoff hergestellt wird. Es gibt aber Bücher, die einfach holziger sind als andere – diese sollen hier vorgestellt werden.
Es gibt wohl kaum Bibliotheken, bei denen die äußere Form so sehr mit dem Inhalt korrespondiert wie bei den "Xylotheken".

Reinhard Stiksel: Ein Stück aus der "Xylothek" - Aus der Sammlung der Sternwarte im Stift Kremsmünster, Wikimedia Commons, CC-BY-SA 3.0.

Die Bände dieser Holzbibliotheken bestehen nämlich aus jenen Materialien, mit denen sie sich beschäftigen: Jeder Holzkasten ist aus einer anderen Baumart gefertigt. Vorder- und Rückdeckel der Kästen sind aus Holz, der Buchrücken wird mit Rinde, Moos, Schwämmen oder Flechten verziert. Im Inneren verbergen sich übersichtlich arrangierte Zweige desselben Baumes mit Blättern oder Nadeln, Blüten und Früchten, teilweise auch mit Holzwürfeln und Sägespänen. In kleinen Döschen können Blütenstaub, Samen oder Holzasche aufbewahrt werden. Manchmal wurden sogar die für den jeweiligen Baum typischen Forstschädlinge beigegeben – als Beispiel seien die so passend benannten Käferarten "Buchdrucker" und "Kupferstecher" genannt, die Fichten bevorzugen. Abgerundet wird der Inhalt der "Buchattrappen" durch die lateinische und deutschsprachige Bezeichnung der dargestellten Pflanze und eine Kurzbeschreibung. Diese Holzbücher richten sich vor allem an Menschen, die in der Forstwirtschaft und der Holzverarbeitung tätig sind, und zeigen ihnen anschaulich die wichtigsten Eigenschaften und Nutzungsmöglichkeiten von Baum und Holz. Gleichzeitig ist jeder Band in einer Xylothek ein kleines Kunstwerk, dessen sorgfältige und detailreiche Verarbeitung auch Nicht-Forstleute beeindruckt.
Xylotheken sind ein Phänomen der Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert. Da die Herstellung aufwendig und der Preis hoch war, wurden die meisten Exemplare von großen Forstbetrieben und forstlichen Ausbildungsstätten erworben. Umfangreiche Beispiele sind unter anderem im Biologiezentrum des Oberösterreichischen Landesmuseums, in der Botanik-Abteilung des steirischen Landesmuseums Joanneum, in der Sternwarte im Stift Kremsmünster, im Naturhistorischen Museum des Stifts Admont und im Museum für das forstliche Versuchswesen in Wien-Mariabrunn erhalten.

Links

Verzeichnis von Holzbibliotheken: www.specula.at/adv/monat_9712.htm
Aufbau eines Holzbuches: www.naturkundemuseum-kassel.de/museum/wissenswert/holzbuch/index.php
Hohenheimer Xylothek digital: www.uni-hohenheim.de/uniarch/Xylothek%20_%20Seite/Xylothek_index.html

2 comments:

  1. https://haferklee.wordpress.com/2012/01/06/sind-das-bibliotheken/
    Beste Grüße

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