Monday, June 30, 2008

Die Seuche der Comic-Hefte

"Ja, wie eine Seuche haben sich diese grellen Bilderhefte innerhalb einiger Jahre verbreitet. In anscheinend harmloser Form begann es. Es war die durch den Film schon so beliebt gewordene 'Mickymaus', die das Herz der Kinder - und oft auch die Geldtasche der Eltern (denn diese Hefte sind nicht billig!) - eroberte. Wir Erzieher wollen offen gestehen: Wenn es nur die Mickymaus-Hefte gewesen wären, hätten wir zwar gesagt: Schade, daß die Kinder um so viel Geld so wenig Nutzen haben (denn der groteske Humor ist auch nicht kindgerecht!), doch darüber hinaus hätten wir uns kaum aufgeregt. Nun aber leitet dieses Bilderhaschen auch im anscheinend harmlosen Heft eine Gewohnheit ein, die nach immer grelleren Farben, nach immer kürzeren Sätzen, nach immer gröberer Kost verlangt. Und so steigt die Gefahr... (...) Die Wirkung der Comic-Hefte und unserer Schundliteratur ist weniger - wie man allgemein annimmt - an der Jugendkriminalität zu messen (wenngleich manche Familie ohne Schundheft und Film nicht ins Unglück kommen würde!). Kriminell werden meist nur Menschen, bei denen die Anlage, die Umgebung und äußere Einflüsse zusammenwirken. Bei allen Kindern aber werden die schlechten Eigenschaften durch die schlechten Einflüsse gestärkt, ihre Phantasie wird abgestumpft, sie werden geistig träge, ihr Wille wird nach falschen Vorbildern gerichtet. Entscheidend aber ist, daß die guten Anlagen im Menschen, die Liebe zum Schönen, Guten und Wahren, unterdrückt werden, daß sie auch die Freude an wertvoller Lektüre verlieren und so nie die helfenden Kräfte des guten Wortes verspüren können".

Richard Bamberger: Dein Kind und seine Bücher. Von guten und schlechten Büchern für unsere Kinder. Jugend & Volk 1957, S. 11

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